Blicke auf die Geschichte Schinkels
Seit 36 Jahren wohne ich mit meiner Familie in der Gemeinde Schinkel. Allein die erlebte Erfahrung, uns mit frischer Milch aus benachbarten bäuerlichen Betrieben zu versorgen, hat uns den Strukturwandel in Schinkel deutlich vor Augen geführt. Im Folgenden werde ich chronologisch bzw. thematisch das Augenmerk in die Vergangenheit Schinkels richten. Angegebene Hausnummern beziehen sich auf die aktuelle Bebauung.
Bei Ausgrabungen unweit des heutigen Gutes Rosenkrantz wurden Reste von mittelalterlichen Pfahlbauten freigelegt und mit dem 13./14. Jahrhundert datiert. Aus dieser Zeit stammt auch das gefundene Missionskreuz, das somit vielleicht eine Verbindung zu den baulichen Ursprüngen der St. Jürgen Kirche in Gettorf darstellen könnte, die ebenfalls in dieser Zeit lagen.
1311 wurde der Ort Schinkel erstmalig urkundlich erwähnt. Zu verdanken haben wir das dem Ritter Lydulfus aus Skynkel, der schriftlich als Bürge eines Vertrages festgehalten wurde.

Unser Wappen zeigt im Zentrum die Wasserburg Schinkelia (16. Jahrhundert), den „Winkel der ursprünglichen Eider“, sowie die „Nebenarme der ursprünglichen Eider“.
Im weiteren Verlauf der Geschichte ersetzte das Gut Schinkel die Wasserburg Schinkelia, verbunden mit Gutsherrschaft und Leibeigenschaft als Elemente einer festen Ständeordnung. Erst 1786 wurde mit der „Parcellierung“ aus Gutsland freies Bauernland. Mittels einer Versteigerung wurden 17 Parzellen, zum Teil mit Gebäuden, gegen Auflagen an Bauern eigentumsrechtlich veräußert. Diese Parzellen bildeten die ersten unabhängigen Hofstellen in unserem Dorf. In diesen Zeitraum fällt auch der Bau bzw. die Fertigstellung des Schleswig-Holsten-Kanals (Alter Eiderkanal) als erstem Wasserweg zwischen Nord- und Ostsee. Mit der Kanalfertigstellung 1784 wurde der Verlauf der Eider beim Gut Schinkel wesentlich verändert.
Ein hoheitlicher Erlass von 1876 begründete die Entstehung der politischen Gemeinde Schinkel. Verbunden mit dem Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanal von 1887-1895 veränderte sich in Schinkel einschneidend die Vorflut; Teiche wie z.B. der Brahmteich in der Niederung der heutigen Raiffeisenstraße, fielen mit der Absenkung des Wasserstandes durch den neuen Kanal trocken. Die südlich des Alten Eiderkanals, zum Gutsamtsbezirk Großnordsee gehörend, gelegene Ziegelei der Fa. Philipp Holzmann fertigte Bauziegel bereits zum Bau der Schleusen des Alten Eiderkanals (z.B. Rathmannsdorf oder Kluvensiek), später zum Bau der Schleusen des NOK. Kurze Zeit nach der Fertigstellung des Kaiser-Wilhelm-Kanals wurde die Ziegelei der Gemeinde Schinkel zugeordnet und unsere Dorfschule freute sich über einen Zuwachs an SchülerInnen.

Die Kanalbauten führten zu erheblichem Einwohnerschwankungen in Schinkel. Gerade der Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals ließ die Einwohnerzahl von 500 auf 700 ansteigen. Nach der Fertigstellung 1895 ging sie wieder auf ca. 550 zurück.

Die beiden Weltkriege forderten in Schinkel, wie in allen beteiligten Ländern, viele Opfer. Spreng- und Brandbomben führten 1944 z.B. zu den abgebildeten Folgen im Bereich der damaligen Bäckerei (Hauptstraße 12) und des Gasthauses Zur Mühle (heutiger Mühlenweg).
Nach dem 2.Weltkrieg verzeichnete unsere Gemeinde fast eine Verdoppelung der Einwohnerzahl. Durch die Aufnahme von Flüchtlingen waren über 800 EinwohnerInnen gemeldet.
Im Folgenden sollen Schwerpunkte der dörflichen Entwicklung exemplarisch betrachtet werden. Auffällig ist, dass die Ursprünge oftmals vom Gut Schinkel/Gut Rosenkrantz ausgingen.
Schulwesen
Im Gut Schinkel wurde ab 1710 die sogenannte „Sklavenkate“ nicht nur für die Schulbildung, sondern auch als Arbeitsstätte eingesetzt. 1756 diente die ehemalige „Holländerey“ (Meierei) auf dem Sandberg (Höhe Raiffeisenstraße 30) als Schule. 1787 veranlassten die Gutsherren Gebrüder Bruyn den Bau einer Schule an dem Standort des jetzigen „Lehrerhauses“ (Hauptstraße 48). 1887 wird dieser Bau Opfer eines Brandes. Im Provisorium stellte 1905 die Schulaufsicht mangelhafte Lichtverhältnisse fest. Aber erst 1910 entstand der heutige Baukörper unserer Schule, damals mit integriertem Kapellenraum.

Kirche

Auch wenn die Gutsherrschaft für die religiöse Erziehung zuständig war, fanden bis 1905 wichtige kirchliche Handlungen in der Gettorfer St. Jürgen Kirche statt. Der Kirchenweg führte über den Weg vom heutigen Schulredder zur Hofstelle Schinkelhüttener Weg 18 ( heutiger Uhlenhoff), dann durch den Wiesengrund über Wulfshagenerhütten nach Gettorf. Ab 1910 übernahm der bereits erwähnte Kapellenraum der Schule die Örtlichkeit für viele kirchliche Anlässe. 1925 wurde der heutige 3. Pfarrbezirk mit einem Pastor besetzt, der dann im ersten Pastorat (Roggenrader Weg 3) einzog. Dieses Gebäude stammte aus den 1920er-Jahren und war ehemals eine Fleischerei, 1927 kam der Friedhof hinzu. 1960 löste die heutige Kirche „Zum guten Hirten“ den Kapellenraum ab.
Feuerwehr
Die Anfänge des Brandschutzes lagen eindeutig im Bereich des Gutes. 1889 wurde die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Schinkel gegründet. Das erste Spritzenhaus lag in der Dorfmitte an der heutigen Haupstraße. Das Bild zeigt die Mannschaft 1935 vor der Gaststätte „Zur Mühle“. Das nächste Bild gibt das ehrenamtliche Engagement vergangener Zeiten beim Eigenbau des heutigen Feuerwehrgebäudes 1980 wieder.


Mühlen
Im 18. Jahrhundert sind eine Wassermühle und eine sogenannte Holländermühle auf der Karte von J.A. Thiessen als gutsbezogene Getreidemühlen zeichnerisch festgehalten. Die Letztgenannte stand als Bockmühle auf dem Sandberg (Höhe Raiffeisenstraße 39). In der Mitte des 19. Jahrhunderts sind eine „Zwickstell Holländer Mühle“ an der Gastwirtschaft „Zur Mühle“ (heutiger Mühlenweg) und eine „Roßmühle“ in Rabenhorst dokumentiert. Die Mühle an der Gaststätte brannte 1928 nieder und wurde durch eine Motormühle auf der gegenüberliegenden Seite, betrieben vom Bäcker Kruse, ersetzt. Die Roßmühle wurde 1933 abgebrochen. Später kamen weitere elektrische Mühlen auf dem Raiffeisengelände und in der heutigen Möhl hinzu.

Meiereien

Die erste Meierei in Schinkel ist mit dem Jahr 1756 auf dem Sandberg (Höhe Raiffeisenstraße 30) erwähnt (siehe auch das Thema Schule) . Sie wurde von einer direkt am Gut gelegenen Meierei abgelöst. Um das Jahr 1850 gab es eine weitere Milchverarbeitung an der Einmündung des heutigen Schinkelhüttener Weges in die Hauptstraße. 1913 brachten die Bauern die Milch von 590 Rindern (Anmerkung: Heute gibt es in Schinkel keine Milchkuh mehr!) in die Meierei in der Raiffeisenstraße (Raiffeisenstraße 1).
Sportverein
Den ersten Vereinssport für Schinkel bot ein Turnverein in Landwehr in den 1920er Jahren an. 1947 gründeten damals überwiegend männliche Fußballspieler den 1.FC Schinkel. Bis zu den Einweihungen des Sportplatzes an der Schule (1964) und des hinteren Platzes (1987), diente z.B. eine „Koppel“ neben der Bäckerei Kruse als Fußballplatz, uneben und mit Maulwurfshügeln übersät, die heutige Siedlung Bäckeralm.
Gaststätten
Die erste „Gaststätte“ wurde bei den oben erwähnten Ausgrabungen freigelegt und wurde mit dem 13 Jahrhundert datiert. Um 1900 konnte man, auf dem bereits genannten Kirchweg nach Gettorf, Station im „Wulffs-Bierverlag“ im Wiesengrund machen.
Bis zum Abriss 1999 prägte auch die Gaststätte „Zur Mühle“ das Ortsbild von Schinkel (heutiger Mühlenweg). Der „Redderkrog“ und die angeschlossene Pension in der Dorfmitte sind heute leider auch Geschichte (Abriss bzw. Aufgabe 2021).

Handwerk

Bis zur Parzellierung Ende des 18. Jahrhunderts bestimmte das Gut Schinkel das Arbeitsleben der Schinkeler Bevölkerung. Handwerker waren dort ansässig und arbeiteten in Abhängigkeit vom Gutsherrn.
Nur langsam siedelten sich selbstständige Handwerksbetriebe an. Das obige Bild ist eine Auflistung der Berufe 1880 in Schinkel.
Um die Jahrhundertwende vermerkt die Chronik den Schmiedebetrieb Rüger an beiden Seiten der Einmündung der Raiffeisenstraße in den Rosenkranzer Weg; Schmiede, steht heute nicht mehr, und Wohnhaus (Raiffeisenstraße 49) wurden durch die Straße getrennt. Der Betrieb zog in den 1960er-Jahre in die letzte Meierei (Raiffeisenstraße 1).


Tradition hat auch das Schuhmacherhandwerk; ursprünglich angegliedert dem Hof Jöhnk (Raiffeisenstraße 12); aus der Familie Jöhnk stammt auch der weit über Schinkel bekannte Literat Johan Heinrich Jöhnk. Diese Schuhmacherwerkstatt soll heute im Freilichtmuseum Molfsee ausgestellt sein.
Mit dem Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals entstanden auch Betriebe der Lebensmittelversorgung der Arbeiter. Ein Beispiel ist das mittlerweile abgerissene Fleischereigebäude (heute Raiffeisenstraße 4 a). Auf die unter dem Thema Kirche aufgeführte Fleischerei im Roggenrader Weg sei an dieser Stelle auch verwiesen.
Dienstleistungen
Die Grundversorgung der Bevölkerung deckten mehrere „Geschäfte“ zu unterschiedlichen Zeiten ab. Der Einzelhandel war im Rosenkranzer Wege 88 mit dem „Höker Schröder“, im mittleren Teil mit einem Laden in der Reetkate Rosenkranzer Weg 62 und in der Raiffeisenstraße 5 vertreten. Sie alle gaben bereits in der Mitte des 20.Jahrhunderts auf. Bis 1993 übernahm dann die vormalige Bäckerei Kruse (Hauptstraße 12) einen Teil der Grundversorgung. Von 1929-1996 war der Kolonialwarenladen Gnutzmann (vormals Meyer bzw. Reimers gegenüber der Schule geöffnet. Der dem Redderkrog angeschlossene Getränkehandel im Köhlenredder schloss ebenfalls mit der Aufgabe des Redderkrogs 2021.


Geldwesen
Die ersten „Geldinstitute“ gab es bis in die 1950er Jahre auf dem Weg nach Großkönigsförde (Hauptstraße 63) und im Wiesengund in Schinkelhütten. Mit der Fertigstellung der Raiffeisenbank 1965 in der Raiffeisenstraße 2 hatte die Genossenschaftsbank das erste eigene Gebäude. Die damalige Kreissparkasse Eckernförde firmierte zuerst in einer Privatwohnung im Schwalbenweg. Sowohl die RaiBa als auch die Sparkasse durchliefen alle möglichen Stationen heutiger Geldinstitute: Neubauten im Mühlenweg (RaiBa) und der Sparkasse in der Hauptstraße 20. Mit der Öffnung der Schinkeler Möhl 2004 reduzierten beide Geldinstitute gemeinschaftlich auf personallose Servicestationen, ehe sie sich wenige Jahre später ganz aus Schinkel „verabschiedeten“.


Nicht zu vergessen
Die Elektrifizierung fand in Schinkel ca. 1920 statt. Anhand der vorhandenen Überlandleitungen lassen sich Bilder unbekannten Datums gut eingrenzen.
1926 gab es im Dorf Schinkel fünf und im Gut Rosenkrantz einen Telefonanschluss. Die einzige öffentliche Telefonzelle/-säule gab es bis ca. 2010 gegenüber der heutigen Bäckerei Kornkraft.
Postdienste wurden seit 1896 in „Poststellen der Gruppe 2“ (damalige Bezeichnung) angeboten, zuletzt in einer Privatwohnung im Rabenhorster Weg 1, neben der Möhl; sie schloss um die Jahrtausendwende.
Die ärztliche Versorgung übernahm bis in die 1980er Jahre Dr. Schmidt aus Neuwittenbek, der seine Praxis in Landwehr, unmttelbar an der Grenze zur Gemeinde Schinkel, betrieb. Abgelöst hat ihn dort anfänglich Dr. Rohwer, der dann kurze Zeit später selbst eine Praxis im Rosenkranzer Weg 31 eröffnete. Nach einer zwischenzeitlichen Lösung mit einer Ärztin und einer anschließenden Zeit ohne ärztliche Versorgung, hat Frau Lorentz nun seit längerer Zeit eine Praxis in der Möhl bezogen.
Verantwortlich für den Text, gestützt auf viele Quellen (z.B. die Chronik von Schinkel und Presseartikeln) ohne Gewähr von Uwe von Ahlften erstellt.